Spiritualität

Spiritualität ist für mich nichts Abgehobenes, sondern eine Haltung, die mein Leben bereichert. Als spiritueller Mensch zu leben, bedeutet für mich, sein Leben für Gott offen zu halten. Ihn zu suchen. Nicht zu meinen, dass man ihn schon gefunden hat! Mit ihm sein Lebens zu besprechen. Die Dinge, die man tut, vor und mit ihm zu planen. Ich brauche nicht alles zu schaffen, nicht alles können, weil ich Jesus Christus an meiner Seite weiß. Ihn erfahre ich durch das Lesen der Heiligen Schrift, aber gerade auch intensiv in den Sakramenten (besonders Eucharistie und Beichte). Ich erlebe Gott nicht als ein fernes Wesen, sondern als einen guten Freund. Er kennt mich, vielleicht sogar noch besser, als ich mich selber kenne. Ich fühle mich von ihm angenommen, immer wieder bestärkt und geliebt. Schon als Kind hatte ich diesen Eindruck. Dieses Gefühl ist über die Jahre hin geblieben, hat sich allerdings immer wieder verwandelt. Unterm Strich würde ich sagen, dass es intensiver geworden ist. 

 

Jeder ist gewollt, gebraucht und geliebt, und so bin ich überzeugt, dass jeder eine Berufung in sich trägt. Jahrelang dachte ich, dass eine Berufung darin besteht, zu erkennen, was Gott mit mir vor hat. Langsam entwickelte sich in mir der Gedanke, dass Berufung eher darin besteht, zu erkennen, was ich mit Gott zusammen aus meinem Leben machen darf. Manchmal ist der Glaube wie zum Abheben, man erlebt Gott voll Freude beim Gebet oder auch in der Gemeinschaft mit Freunden. Gott scheint doch sehr nahe und lebendig zu sein.

Meine lieben Freunde Philipp und Kathi in Rom 

Ein anders Mal ist es eher wie ein Schattenkampf, und man muss versuchen, an ihm festzuhalten. Ähnlich ging es auch Jakob im Alten Testament. Es lohnt sich diese Stelle einmal nachzulesen Gen. 32, 23-33. Entscheidend ist, dass man am Glauben festhält. Glaube ist nicht ein Wissen, sondern die bewusste Entscheidung zu einem Lebensentwurf.

 

Es kann allerdings auch eine Versuchung sein, zu verzweifeln. Ja, es ist nachvollziehbar, dass wir manchmal massiv zweifeln, auch Jesus kennt das Ringen mit dem Vater. Doch wenn wir verzweifeln, trauen wir vielleicht Gott nichts mehr oder zu wenig zu. Wir scheinen ihm dann nur noch das zuzutrauen, was wir uns vorstellen können, aber Gott ist größer. Ich meine für einen Christen gilt: Zweifel oh ja, Verzweiflung eher nicht.  

Ich finde in diesem Zusammenhang ein paar Worte aus dem Johannesevangelium besonders tröstlich. Da heißt es:
"Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!" Joh. 14, 1 Das heißt doch mit anderen Worten, dass Gott sehr wohl darum weiß, dass wir manchmal auf Grund der Dinge, die wir erleben, verwirrt sind. Seien es Katastrophen, der Tod eines geliebten Menschen oder das Sterben einer Beziehung; unser Herz ist in solchen Situationen verwirrt. Gott versteht das sehr gut, aber gerade jetzt bittet er uns um unser Vertrauen.
"Bitte glaub gerade jetzt an mich. Ich bin dir näher als du es dir vielleicht gerade vorstellen kannst. Ich kenne deinen Schmerz. Gerade jetzt will ich dich tragen."

Ein solcher Glaube ist für mich eben keine Vertröstung, sondern echter Trost. Ein Trost, den allein Gott schenken kann. Wenn ich in solchen und ähnlichen Situationen an IHM festhalte, der von sich sagte: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater außer durch mich." (Joh. 14, 6), dann begreife ich, dass es nicht um einen abstrakten Weg und eine abstrakte Wahrheit und irgendein Leben geht, sondern, dass es um meinen Weg, um meine Lebenswahrheit und mein Leben geht. Ich habe den Eindruck, dass es letztlich darum geht, zu verstehen, dass er wirklich mich meint, mit mir in einer Beziehung und Freundschaft leben will.

 

 Ruine Zisterzienserkloster Eldena

„Freundschaft, Heilung, Gottesbegegnung“

"Nicht ihr habt mich erwählt,

sondern ich habe euch erwählt..."

Joh 15, 16 

Wundern wir uns eigentlich darüber, dass Jesus Christus uns als Freund erwählt hat? Oder mal ganz persönlich gefragt: Staune ich eigentlich immer wieder darüber, dass ich - schon diese Aussage ist ungeheuerlich - ein Freund Jesu Christi bin, dass ich mit ihm wirklich in Freundschaft, ja, sogar in Intimität verbunden bin, weil er meine größten Geheimnisse, Verletzungen, Ängste, Nöte und Freuden kennt? Oder sind das alles vielmehr alte Hüte, die mir so selbstverständlich sind, dass es der Rede nicht bedarf?
Gott kennt und respektiert meine Intimsphäre, mein eigenes inneres Heiligtum. Er schätzt es schon deswegen wert, weil er selbst es mir als meinen kostbaren Schatz geschenkt hat. Ja, er erwählt mich, mit IHM auf „DU und DU“ zu sein. Er ist in der Tiefe meines Lebens die innere Stimme der Liebe und er will mich ermutigen, von dieser Liebe Zeugnis zu geben bei den Menschen, mit denen ich zu tun habe.
Während der Fußballweltmeisterschaft 2006, war die „Welt zu Gast bei Freunden“. Aber die Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, sie fahren wieder und was bleibt, sind hoffentlich die guten Erinnerungen. Anders ist es mit der Menschwerdung Gottes. Er kam nicht um einen zeitlich begrenzten Besuch bei uns Menschen zu machen, nein, er kam, um seit seiner Menschwerdung bleibend unter uns zu sein. Er kam nicht, um wieder zu gehen, sondern um zu bleiben. Doch wie gehen wir Menschen mit ihm um? Können wir davon sprechen, dass in unserer Gesellschaft auch „Gott zu Gast bei Freunden“ist? Oder halten wir ihn nicht ganz bewusst auf Abstand? ---
Er hat uns erwählt - nicht wir ihn - er kam unserer Freundschaft und Liebe zuvor. Danken wir diesem Gott, dass er unter uns leben und wirken will. Öffnen wir uns für IHN, der mitten unter uns lebt, und wir werden spüren, wie konkret er tröstend, helfend, aufbauend, heilend, verborgen und doch lebendig in unserer Mitte, in meiner Lebensmitte gegenwärtig ist.
So grüße ich sie alle ganz herzlich und wünsche Ihnen die Erfahrung seiner Freundschaft und heilenden Nähe.
Pfr. DS

 Provence


Liturgischer Kalender

Hier findet man einen Link zum Liturgischen Kalender. Auf diesem Kalender kann man sehen, welche Lesungen und welches Evangelium heute in allen katholischen Kirchen auf der Welt gelesen werden. Wenn man zum Liturgischen Kalender will, muss man einfach die schöne Kirche anklicken, die ich in der Rouen / Frankreich fotografiert habe.

Wie wenig nütze ich bin...

wie wenig nütze ich bin
ich hebe den finger und hinterlasse
nicht den kleinsten strich
in der luft

die zeit verwischt mein gesicht
sie hat schon begonnen
hinter meinen schritten im staub
wäscht regen die strassen blank
wie eine hausfrau

ich war hier


ich gehe vorüber
ohne spur
die ulmen am weg
winken mir zu wie ich komme
grün blau goldener gruss
und vergessen mich
eh ich vorbei bin

ich gehe vorüber -
aber ich lasse vielleicht
den kleinen ton meiner stimme
mein lachen und meine tränen
und auch den gruss der bäume im abend
auf einem stückchen papier

und im vorbeigehn
ganz absichtslos
zünde ich die ein oder andere
laterne an
in den herzen am wegrand

Hilde Domin